Interview mit Victoria Rose Richards

3 Minuten Lesezeit

Interview mit Victoria Rose Richards

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Victoria Rose Richards ist eine autistische Biologiestudentin und Stickkünstlerin aus Devon, Großbritannien. Die geometrischen Formen und Oberflächenstrukturen, die sie in der Natur sieht, inspirieren sie zu ihren gestickten Luftansichten und abstrakten Landschaften.

Wie lange stickst du schon?

Ich sticke schon mein halbes Leben lang, habe aber erst im Sommer 2018 angefangen, mich darauf zu konzentrieren und mich schließlich im Oktober desselben Jahres auf die Landschaftsstickerei festgelegt.

Welches ist dein Lieblingsstich?

Der Knötchenstich! Ich liebe seine Vielseitigkeit und die verschiedenen Größen, Höhen und Strukturen, die man damit erzeugen kann.

Wie hast du das Sticken gelernt?

Ich bin Autodidaktin und habe alle Stiche während meines Studiums durch Ausprobieren erlernt. Meistens habe ich einfach drauflosgestickt, aber für ein paar Stiche musste ich mir Anleitungen ansehen (z.B. für die Knötchen).

Was brauchst du zum Sticken? (Garn/Zubehör)

6-fädigen Baumwollsticktwist, Gobelinwolle und Filz sind meine Favoriten. Ich sammle auch gerne Nähscheren und meine Lieblingsschere sieht aus wie ein rosa Flamingo!

Wovon lässt du dich inspirieren?

Hauptsächlich von der Landschaft in Devon. Ich habe mein ganzes Leben lang im ländlichen Devon gelebt, weshalb diese Landschaft einen großen Einfluss auf meine Kunst hat. Patchwork-Felder, Baumgruppen, Wälder, gewundenen Flüsse und Landstraßen sind die wichtigsten Elemente all meiner Landschaften.

Welches ist dein Lieblingswerk?

Ich glaube, mein Lieblingsstück ist das größte, das ich je gemacht habe: ein 45cm großes Motiv mit dem Titel "Ein friedlicher Ort (irgendwo da draußen)". Für diese Arbeit musste ich wirklich über meine Grenzen hinausgehen, denn als ich anfing, Luftstickereien zu machen, konzentrierte ich mich auf kleine Arbeiten mit einer Größe von 7 bis 15 cm.

Dieses Stück hat mir gezeigt, wie sehr ich mich seit meinen Anfängen verbessert habe und dass ich mich auch in Zukunft weiter verbessern kann.

Welchen Einfluss hat das Sticken auf dein Leben?

Es hat mein Leben komplett verändert - als ich 2018 anfing, war ich mental in einer sehr schlechten Verfassung. Ich hatte 18 Monate zuvor einen Wendepunkt erlebt, als ein Schulfreund von mir gestorben war, und das hatte mich in eine lange Depression gestürzt. Die Stickerei wurde in meinem Leben immer wichtiger, und dann ging es mir wieder besser.

Zuerst begann ich wieder zu sticken, weil ich nach etwas suchte, womit ich meine Freizeit verbringen konnte, um nicht immer wieder über diese Geschichte nachdenken zu müssen. Sich in der Gestaltung zu verlieren und die gleichen Stiche immer und immer wieder zu wiederholen, ist wirklich wohltuend. Die Tatsache, dass andere meine Arbeit mögen und sie besitzen wollen, bedeutet auch, dass ich so lange weiter kreativ sein kann, wie ich will.

Was ist dein bester Tipp für alle, die mit der Stickerei beginnen möchten?

Habt keine Angst vor dem Scheitern und lasst euch von den Misserfolgen nicht abschrecken. Zum Lernen gehören manchmal viele Fehlversuche, bevor man den Dreh raus hat. Am Anfang habe ich das gespürt, als ich die Arbeiten derjenigen sah, die schon länger als ich stickten, und dachte, ich sei nicht gut genug. Jetzt gehöre ich zu den Menschen, zu denen andere aufschauen, und ich möchte anderen sagen, dass sie es einfach weiter versuchen sollen!

Glaubst du, dass das Sticken besondere Vorteile für Menschen mit neurologischen Problemen hat?

Ich kann nicht für alle sprechen, aber ich finde Sticken sehr beruhigend und therapeutisch - es tut gut, sich auf winzige Details zu konzentrieren und sich in ihnen zu verlieren. Es lenkt mich in dem Moment ab und gibt mir am Ende ein Gefühl der Erfüllung, wenn ich das fertige Stück in der Hand halte.

Als Autistin ist das Sticken sicherlich zu einem meiner besonderen Interessen geworden, denn es fällt mir wirklich schwer, ein paar Tage lang keine Nadel in die Hand zu nehmen! Die Welt kann für mich ein sehr überwältigender und stressiger Ort sein, und das Sticken verschafft mir Abhilfe.

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